Chemische Industrie

Kalk Chemische Industrie

Chemie braucht Kalk

Die Einsatzmöglichkeiten von Kalk in der chemischen Industrie sind außerordentlich vielfältig – als natürliches Calciumcarbonat, als gebranntes Calciumoxid, als gelöschtes Kalkhydrat oder als chemisch gefälltes Calciumcarbonat.

Die chemische Industrie setzt Kalk für die Herstellung von anorganischen oder organischen Calciumverbindungen, als Reaktionsmittel bei chemischen Synthesen, zur Veränderung von pH-Werten, bei chemischen Umsetzungen, physikalisch-chemischen Aufbereitungsverfahren und zur Neutralisation ein.

Kalk ist äußerst gefragt für die Herstellung von:

  • Zitronensäure (Grundstoff für die Getränke-, Kosmetik- und Pharmaindustrie)
  • mehrwertigen Alkoholen, Klebstoffen, Farben und Lacken, z. B. als Weißpigmentextender (Streckmittel) in Dispersionsfarben
  • Propylenoxid (unverzichtbarer Weichmacher in der Kunststoffindustrie)
  • Kalkseife (wichtiger Rohstoff für die Papierindustrie; Schmiermittel und Stabilisator bei der Herstellung von Kunststoffen; Schmier- und Gleitmittel in der Metallindustrie; Gießformtrennmittel; mit wasserabweisender Wirkung in der Bauchemie)
  • synthetischen Gipsen für die Gipsabdrücke beim Zahnarzt
  • Glanzpigmenten, z. B. für hochwertige Kunstdruckpapiere
  • chemisch gefälltem Calciumcarbonat, dem Calciumpräcipitat (in vielen Produkten des täglichen Bedarfs wie Zahnpasta, Kosmetika, Papier, Gummiwaren, Mineralfarben und Arzneimitteln)
  • Kosmetika, z. B. als Putzkörper in Zahnpasta, zur Mattierung in Puder oder mit Peelingwirkung
  • Pharmazeutika und Lebensmitteln, z. B. als Tablettierhilfsstoff, zur Säureregulierung, in Ca-Brausetabletten, in Mineralstoffmischungen, Babynahrung und diätetischen Lebensmitteln
  • Kunststoffen – thermoplastischen und duroplastischen Formmassen (z. B. als Füllstoff und zur Verbesserung von Weißgrad und Oberflächengüte)
  • Papier und Zellstoff – für den basischen Aufschluss, zur Aufbereitung und als Füllstoff und Pigment
  • Soda – und zwar sowohl für die Herstellung als auch zur Ammoniak-Rückgewinnung
  • Zucker – zur Reinigung
  • Leder – zum Äschern und zur Haarlockerung der getrockneten Tierhäute
  • Nahrungs- und Genussmitteln wie Butter, Bier und Wein
  • Steinwolle – hier wird Kalk als Fluxmittel eingesetzt
  • Chlorkalk zur Desinfektion

Weitere Einsatzmöglichkeiten

Beim untertägigen Kohlebergbau wird Kalksteinmehl für den Explosionsschutz und als Gesteinsstaubsperre verwendet. Durch das gezielte Einstauben kann verhindert werden, dass Kohlenstäube explosionsfähige Gemische bilden.

In der Petrochemie wirkt Calciumhydroxid als Additiv für Mineralöle und als Korrosionsverhinderer.

Kalk und organisch-chemische Grundstoffe

Kalk wird zur Synthese von organisch-chemischen Grundstoffen eingesetzt. Mit Hilfe von Kalkmilch hergestelltes Propylenoxid ist Vorprodukt der Propylenglykole, aus denen Polyurethan-Kunststoffe erzeugt werden. Propylenoxid findet auch Verwendung bei der Herstellung von Feuchthalte- und Lösemitteln sowie Frostschutzmitteln, Harzen, Emulgatoren und Tensiden.

Auch bei der Produktion von Acrylaten, Glycerin, Trichlorethylen, Pentaerythriol, Glycolcarbonat, Polyolen, Phosphaten und Gelatineprodukten wird Kalk verwendet.

Kalk und Calciumcarbid

Bei Temperaturen zwischen 1.800 und 2.100 °C werden Branntkalk und Kohle verschmolzen, und es entsteht Calciumcarbid. Für eine Tonne Calciumcarbid werden etwa 940 bis 990 kg Branntkalk benötigt.

Calciumcarbid wird für metallurgische Prozesse benötigt und ist ein bedeutender Grundstoff für die Herstellung vieler Kunststoffe (organische Synthese). Es reagiert mit Stickstoff zu Kalkstickstoff und mit Wasser zu Acetylen und Calciumhydroxid. Acetylen wiederum wird zum Schweißen verwendet und Kalkstickstoff wirkt als Düngemittel gut gegen Unkräuter und Pflanzenkrankheiten.

Kalk und Soda

Soda, Na2CO3, ist ein bedeutender Grundstoff der modernen Industrie. Für die Herstellung von Glas, Waschmitteln, Seifen und Nahrungsmitteln wird sie ebenso verwendet wie für die Färberei und Bleicherei. Wir finden sie aber auch bei Farben, z. B. Ultramarin, in Katalysatoren, Schädlingsbekämpfungs- und Düngemitteln, in Zellulose oder anderen Stoffen.

Soda wird aus Steinsalz (NaCI) und Kalkstein in einem komplizierten chemischen Fällungs- und Filtrationsprozess gewonnen. Zur Erzeugung einer Tonne Soda werden 1.100 bis 1.250 kg Kalkstein verbraucht. Die deutschen Sodaproduzenten brennen aus Kalkstein Kalk, da sie sowohl den Kalk als auch das frei werdende CO2 in ihrem Produktionsprozess benötigen. Die Produktion von Soda wird erst wirtschaftlich durch den Einsatz von Kalk, der Ammoniak regeneriert.

Kalk in Glas und Keramik

Aus einem Gemisch von Quarzsand, Soda, Pottasche und Kalkstein wird in der Glaswanne bei Temperaturen um 1.450 °C Glas erschmolzen. Kalk macht dabei als Härtebildner das Glas hart und dicht.

Für die Herstellung von einer Tonne Glas werden zwischen 200 und 350 kg Kalkstein benötigt.

Bei der Glasherstellung und auch Glasfaserproduktion sowie für die Herstellung keramischer Produkte ist Kalk ein wichtiger basischer Bestandteil, der für die Festigkeit, aber auch für die wirtschaftliche Herstellung entscheidend ist.

Keramische Werkstoffe können aus bis zu 35 % Kalk bestehen.

Kalk und Zucker

Für die Zuckerindustrie ist Kalk unentbehrlich. Der auf 60 °C erwärmte dunkelgraue Rohsaft z. B. aus Zuckerrübenschnitzeln wird mit Kalkmilch versetzt. Bei dieser Vorkalkung flocken Nichtzuckerstoffe, vor allem Eiweiß, aus.

Bei der nachfolgenden Hauptkalkung wird der Saft dann noch einmal mit Kalk versetzt (pro 100 Tonnen Saft braucht man eine Tonne Kalk). Bei gleichzeitiger Kohlendioxidzuführung verbindet sich der Kalk zu Carbonatkristallen, die die ausgeflockten Nichtzuckerstoffe umhüllen. Sie werden anschließend ausfiltriert.

Das notwendige Kohlendioxid wird durch das Brennen des Kalksteins zu Kalk in der Zuckerfabrik selbst hergestellt.

Rund 400.000 Tonnen Kalkstein werden in den Zuckerfabriken pro Jahr verarbeitet. Das bedeutet, pro Tonne Rüben werden etwa 20 bis 25 kg Kalk eingesetzt, je Tonne Rohzucker etwa 130 bis 165 kg.

Kalk und Nichteisenmetalle

Bei der Raffination von Erzen zu NE-Metallen (z. B. Kupfer, Gold, Silber, Uran, Magnesium, Aluminium) werden Kalksteinmehle zur Aufbereitung und Kalk als Neutralisationsmittel eingesetzt. Bei der Herstellung von Aluminiumoxid, aus dem keramische Produkte und metallisches Aluminium gewonnen werden, hilft Kalk beim Aufschluss des Rohstoffs Bauxit und bei der Rückgewinnung der eingesetzten Lauge.

Und zu guter Letzt

Die meisten Prozesswässer in der chemischen Industrie werden mit Kalk behandelt, um den erforderlichen pH-Wert und Mineralgehalt einzustellen – ebenso saures Schmutzwasser, damit es entweder einem Recycling zugeführt oder aber in das Abwassersystem eingeleitet werden kann.