Ein in der Landwirtschaft bewährtes, altes Hausmittel
Neben den wirtschaftlichen Verlusten hat der Landwirt im Seuchenfall auch noch die Desinfektion der Ställe und der Mistmengen zu verkraften. Die rigiden chemischen Keulen und physikalischen Verfahren, die häufig eingesetzt werden, sind nur unter hohen Sicherheitsstandards und von professionellem Desinfektionspersonal zu leisten. Der sichere Umgang mit Branntkalk dagegen ist in der Landwirtschaft eingeübt und wird aktuell auch vom Veterinäramt empfohlen.
Ein Fall von Geflügelpest
Ein Fall von Geflügelpest (H5N1-Virus) auf einem Geflügelbetrieb in Bayern hat gezeigt, was auch heute noch zum Standard der Entseuchung in der Landwirtschaft gehört. Hier hat das zuständige Veterinäramt unter Hinweis auf die Richtlinie des BM für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom Februar 2007 der Beimengung von 100 kg Branntkalk pro Kubikmeter Mist den Vorzug vor anderen Entseuchungsverfahren gegeben. Ein Grund hierfür ist die Durchführung der Desinfektion mit Branntkalk direkt vor Ort, um eine Verschleppung des Erregers zu vermeiden.
Wat de Buer nit kennt ...
Als Desinfektionsmittel ist Branntkalk seit der Antike bekannt. Die weißen Mittelmeerhäuser werden oft heute noch mit Kalk gestrichen und setzen kaum Bakterien oder Schimmel an. Da Kalk auch bei der Bodenbehandlung eine große Rolle in der Landwirtschaft spielt, ist jeder Landwirt im Umgang mit Branntkalk geübt. Und in der Nähe von lebensmittelerzeugenden Betrieben will man natürlich nicht gleich mit chemischen Desinfektionsmitteln arbeiten, deren Ausbringung nur unter großen Sicherheitsmaßnahmen und durch geschultes Personal genehmigt wird.
… lernt er nach kurzer Einweisung
Im obigen Fall beschäftigt der Geflügelbetrieb erfahrenes Personal aus der Landwirtschaft, das im Umgang mit Branntkalk, Miststreuern und Mischtechniken geübt ist und sich bereit erklärte, selbst Hand anzulegen. Bereit standen auch Desinfektionsfachleute der Universität Hohenheim zu einer kleinen Einweisung für die korrekte Dosierung und Vermischung. Alle Beteiligten waren sich darin einig, damit die ökonomischste und verträglichste Form der Desinfektion gewählt zu haben.
Einstreuung mit Methode
Auf Nachfrage des BV Kalk erteilte die zuständige Veterinärbehörde gerne Auskunft über die Vorgehensweise. Der mit Kalkmilch vordesinfizierte Festmist wurde auf Miststreuern schichtweise mit entsprechenden Mengen (100 kg gekörnter Branntkalk pro Kubikmeter Mist) versetzt. An der vorgesehenen Ablagerungsstelle wurde die Streueinrichtung in Betrieb genommen und dabei der Branntkalk mit Wasser abgelöscht. Anschließend wurde eine Erdschicht aufgebracht, die das Verschleppungsrisiko durch Wildtiere minimiert und die Reaktionstemperatur der Festmistpackung günstig beeinflusst.
Kalkmilch zur Vordesinfektion
Trotz der Unkompliziertheit des Entseuchungsverfahrens ist zu beachten, dass nach dem Tierseuchengesetz im Einzelfall der Amtstierarzt das entsprechende Entseuchungsverfahren anordnet.
So wird in der Desinfektionsrichtlinie vom Februar 1997 bzw. Geflügelpest-Verordnung vom Dezember 2005 folgende Anwendung von Kalk oder Kalkmilch zur Vordesinfektion bei bestimmtem Viren- und Bakterienbefall empfohlen: 40 kg Ca(OH)2 in 100 Litern Wasser suspendiert (auch als fertiges Kalkmilchprodukt). Bei Flüssigmist soll der pH-Wert über 12 eingestelt werden und die Einwirkungszeit mind. 4 Tage betragen. Ein Vorteil: Die Desinfektion lässt sich auch noch im Winter bei niedrigen Temperaturen durchführen.
Düngerpackung mit Branntkalk
Ebenso eindeutig wie die Vordesinfektion regelt die Desinfektionsrichtlinie den Aufbau einer Düngerpackung mit Branntkalk, also das Verfahren, das bei der Desinfektion des Betriebs in Bayern zum Einsatz kam. Wichtig ist der methodische Aufbau der Packung: Auf der Abladestelle soll zuerst eine Strohschicht mit einer Schicht aus Kalkhydrat aufgebracht werden. Der Festmist soll schichtweise mit gekörntem Branntkalk auf einen Miststreuer geladen werden. Die Durchmischung erfolgt über die Streueinheit bei gleichzeitiger Bewässerung zum Ablöschen des Branntkalks. Zum Schluss soll eine Abdeckung der Abladestelle mit Silofolie (5-10 Wochen – je nach späterem Ausbringungsort) erfolgen.
Auch in der Desinfektionsrichtlinie wird nicht versäumt darauf hinzuweisen, dass beim Umgang mit Branntkalk entsprechende Arbeitsschutzmittel anzuwenden sind. Solche Vorsichtsmassnahmen sind für den Landwirt allerdings Routine.