News aus 2024

Mitgliederversammlung des Bundesverbandes der Deutschen Kalkindustrie e. V.: Die deutsche Kalkindustrie stellt sich den Herausforderungen der Zukunft

Der Bundesverband der Deutschen Kalkindustrie e. V. (BVK) hielt am 07. Juni 2024 seine jährliche Mitgliederversammlung in Würzburg ab, um auf ein ereignisreiches Jahr 2023 zurückzublicken und die zukünftigen Herausforderungen für die Kalkindustrie am Standort Deutschland zu diskutieren.

 

Der Vorsitzende des BVK, Dr. Kai Schaefer, fasste die derzeitige Lage zusammen: „Das vergangene Jahr war kein einfaches Jahr. Wir alle sind in einer neuen Welt aufgewacht. In einer Welt, in der Energie dauerhaft teurer sein wird. In einer Welt, die von geopolitischen Unsicherheiten und einer wirtschaftlichen Neuordnung geprägt ist.“

In dieser Welt subventionieren die Großmächte USA und China ihre Wirtschaft auf effektive Weise, während in Europa zwar viel Geld bereitgestellt wird, aber dieses den Unternehmen oftmals durch bürokratische Hürden vorenthalten bleibt. Zusätzlich muss insbesondere die energieintensive Kalkindustrie mit deutlich höheren Energiekosten zurechtkommen, was zunehmend zu starken Verwerfungen führt.  

Hier sind die politischen Entscheider gefordert, denn Deutschland und Europa brauchen dringend einen Innovationsschub mit tragfähigen Konzepten und schnellen Umsetzungen, um weiterhin wettbewerbsfähig zu bleiben. Wichtig ist die Vermeidung neuer administrativer Hürden und Überregulierung, ein klarer industriepolitischer Rahmen mit wettbewerbsfähiger Besteuerung von Unternehmen und Arbeit sowie eine Kultur des Aufbruchs statt des Abbruchs.  

Doch wie sieht der Status Quo der Kalkindustrie aus?

Mit einem Rückgang von fast 5 % war bereits 2022 kein gutes Jahr für die Kalkindustrie. Im Jahr 2023 fielen zudem einige Sondereffekte wie der verstärkte Einsatz von Kohlestromerzeugung weg. Hinzu kam ein massiver Einbruch im gesamten Bausektor mit Rückgängen von bis zu 90 %. Diese Entwicklungen haben auch am Absatz der Kalkindustrie nicht Halt gemacht, sodass die Kalkproduktion 2023 auf ein historisches Tief seit der Wiedervereinigung von 4,81 Millionen t gesunken ist. Das entspricht einem Minus von 14,8 %.
Den stärksten Rückgang verzeichnet das Bausegment mit minus 28,7 % in der Baustoffindustrie und 22,9 % im Baugewerbe. Mittelfristig ist hier mit einer Erholung zu rechnen, sodass die Abschläge der letzten Jahre zumindest teilweise korrigiert werden.  
Bei den Umweltanwendungen sieht das perspektivisch anders aus. Dort ist der Rückgang der Nachfrage um 21,7 % auf 597 Tsd. t getrieben durch die seit 2023 verminderte Verstromung von Kohle. Mittelfristig wird sich der Kalkeinsatz im Teilsegment Luftreinhaltung aufgrund des Kohleausstiegs weiter verringern; insbesondere im Jahr 2030, wenn zahlreiche Kraftwerksblöcke in Deutschland vom Netz gehen.
Im Gegensatz dazu ist der Absatz in der Industrie verhältnismäßig robust. Der Rückgang belief sich auf „nur“ 6,1 % im Vergleich zu 2022 oder 2,38 Millionen t. Hier dominierte die Stahlindustrie mit einem Anteil von 80 % des Kalkabsatzes im Industriesegment und einem Minus von lediglich 2,4 %. Im Durchschnitt aller anderen Industrien ging der Absatz allerdings um 107 Tsd. t oder 18,2 % zurück.

Insgesamt wird auch 2024 kein leichtes Jahr werden. Die Stabilisierung der Produktion wird dabei im Fokus stehen. Eine Erholung kann für 2025 vorsichtig angenommen werden, wenn u.a. entsprechende politische Rahmenbedingungen geschaffen werden und die deutsche Industrie sich so im europäischen und internationalen Wettbewerb konsolidieren kann.

Besondere Herausforderung der Kalkindustrie

Die Kalkindustrie ist als energie- und CO2-intensive Industrie bereit, unternehmerische Verantwortung zu übernehmen und die Weichenstellung für die klimaneutrale Zukunft weiter voranzutreiben. Die Fortschreibung der Roadmap 2045 wurde inhaltlich abgeschlossen und stellt den Transformationspfad der Kalkindustrie zu einer wettbewerbsfähigen, klimapositiven Produktion dar. Die Herausforderungen werden klar benannt, denn ohne gute politische Rahmensetzung wird die Transformation nicht stattfinden. Die Veröffentlichung der Kalk Roadmap 2045 erfolgt in Kürze. 

Kernaussage ist: Die deutsche Kalkindustrie kann bis 2045 klimaneutral produzieren und darüber hinaus noch zusätzliche Emissionen aus der Atmosphäre binden. Das zusammen ergibt eine klimapositive Kalkindustrie.

Klar ist jedoch: Diese Zielerreichung ist nicht umsonst. Klimaneutraler Kalk wird energieintensiver als konventioneller Kalk. Perspektivisch wird sich der Stromverbrauch versechsfachen, der Wärmebedarf wird um ca. 50 % steigen. Das geht nur, wenn der wirtschaftspolitische Rahmen stimmt. Energiekosten müssen wettbewerbsfähig sein, eine CO₂-Infrastruktur für den Transport und die Speicherung muss zugänglich sein und der Beitrag zur CO₂-Entnahme durch u. a. BECCS und Karbonatisierung muss finanziell honoriert werden.  

Die Kalkindustrie wird die klimaneutrale Kalkherstellung auf Grund ihrer hohen unvermeidbaren Prozessemissionen nur mit CCS und CCU erreichen können. Einen ersten Schritt ist die Bundesregierung bereits gegangen. Nach jahrelangem Stillstand wurde die Novellierung des Kohlenstoffdioxidspeicherungsgesetzes (des CCS-Gesetzes) auf den Weg gebracht. Zudem hat die Bundesregierung endlich die Carbon-Management-Strategie beschlossen und arbeitet an der finanziellen Förderung von CCS-Projekten. Das alles ist ein erster Schritt, aber klar ist, dass noch viele weitere folgen werden müssen.