Biologisches Fitnesstraining

Kalkmilch eliminiert Kohlensäureüberschuss

Zuviel Kohlensäure? Was bei der Sprudelflasche noch hilft, nämlich schütteln, das geht bei Kläranlagen schlecht. Aber ein seit Jahrzehnten bewährter Weg, die Einbindung von CO2 durch chemische Entsäuerung, hilft immer. Dafür werden in der Regel kalkstämmige Produkte eingesetzt. Eine Dosierung von Kalkhydrat führt zur Einbindung freier Kohlensäure und Bildung natürlicher Carbonathärte.

Zu viele Nährstoffe

Nährstoffelimination ist ein wichtiges Ziel der Abwasserreinigung. In den biologischen Reinigungsstufen geht es neben dem Abbau von organischen Stoffen vor allem auch um die Stickstoff- und Phosphorelimination. Dazu leisten Kalkprodukte einen entscheidenden Beitrag, denn eine genaue Dosiertechnik und die Auswahl des geeigneten Produktes sorgen für einen stabilen pH-Wert, eine ausreichende Pufferkapazität und eine entsprechende Zufuhr von notwendigen Spurenstoffen. Je nach Zielvorgabe kann man die entsprechenden Kalkprodukte auswählen (Kalkhydrat, magnesiumhaltigen Kalk oder Mischungen von Kalk mit Eisensalzen). Die Zugabe kann als Feststoff oder als wässrige Suspension erfolgen.

Langes Wort — kurzer Prozess: Säurekapazitätsanhebung

Das Reaktionsgleichgewicht in der biologischen Abwasserreinigung ist das A und O.

Das A: Eine Mindestsäurekapazität von 2,5 - besser 3 mmol/l - im Ablauf der Anlage ist erforderlich, damit die Nitri- und Denitrifikation bei einem optimalen pH-Wert (> 7,0) gehalten wird und eine gute Flockenstruktur gebildet werden kann. Gut geeignet ist die Zugabe von Calciumhydroxid in die belüftete Zone der Belebung, da die hier gebildete Kohlensäure direkt abgepuffert werden kann.

Das O: Bei dieser Zugabe von Calciumhydroxid entsteht keine höhere Schlammmenge, da lösliches Calciumhydrogencarbonat entsteht.

Blähungen bei zu vielen Nährstoffen

Wenn die Fracht der Nährstoffe in den Abwässern zu stark schwankt oder die Temperaturen unter 14°C sinken, dann gerät so mancher Klärwerksbetreiber in Sorge: Werden die massenhaft auftretenden Fadenorganismen zu Bläh- und Schwimmschlammausträgen führen? Ein Blick in das Belebungsbecken verschafft schnell Klarheit: Wahrscheinlich hat sich das Wasser wieder mit Kohlensäure angereichert. Die sonst gut austarierte Kläranlage muss mit Kalk nachjustiert werden.

Zuviel Kohlensäure aus ziemlich vielen Gründen

CO2-Anreicherungen sind in kommunalen Kläranlagen nichts Ungewöhnliches. Die Gründe dafür sind:

  • CO2 aus der Atmungsaktivität des aeroben Schadstoffabbaus wird freigesetzt.
  • Der mechanische Eintrag von Luft ist minimiert, so dass nur wenig CO2 darüber ausgestrippt wird.
  • Temperaturen unter 14°C (vor allem im Herbst oder Frühjahr) erhöhen die Löslichkeit von CO2.
  • Tiefe Belebungsbecken erhöhen aufgrund des hydrostatischen Druckes die Löslichkeit in den unteren Beckenbereichen.

Die Folgen sind:

  • Der pH-Wert sinkt.
  • Die Belebtschlammzusammensetzung ändert sich.
  • In der Nachklärung tritt eine CO2-Entgasung ein, so dass durch Flotation Biomasse an die Oberfläche befördert wird.

In der Sprudelflasche hilft schütteln, in der Kläranlage Kalkhydrat

In der Sprudelflasche hilft kräftiges schütteln, um überflüssige Kohlensäure abzulassen. Bei Kläranlagen geht das schlecht. Aber einen seit Jahrzehnten bewährten Weg – neben der mechanischen Methode durch Lufteinblasung und Strippung – gibt es: und zwar die Einbindung von CO2 durch chemische Entsäuerung. Dafür werden in der Regel kalkstämmige Produkte eingesetzt. Eine Dosierung von Kalkhydrat führt zur Einbindung freier Kohlensäure und Bildung natürlicher Carbonathärte. Es entsteht kein zusätzlicher Schlamm, die Dosiertechnik ist leicht zu implementieren und kann individuell den dynamischen Prozessen der Abwasserbehandlung angepasst werden.

Phosphat: ein guter Reaktionspartner für Kalk

Zwei Möglichkeiten zur Phosphatreduzierung mit Kalk haben sich für die biologische Reinigungsstufe als besonders effektiv erwiesen.

  1. Kalkhydrat (Ca(OH)2) wird benötigt für die biologisch induzierte Calciumphosphatfällung zur Erhöhung der Calciumionenkonzentration in der Belebung (Ca2+ > 100 mg/l).
  2. Magnesiumreiches Kalkhydrat intensiviert die Phosphat-Speicherprozesse in der Belebung (Dosiermenge: Mg2+ mindestens 20 mg/l).

Bei beiden Varianten findet neben einer biologischen P-Elimination auch eine Anhebung der Säurekapazität statt. Kalkprodukte zeigen somit, dass sie Kombinationswirkungen in der biologischen Reinigungsstufe der Kläranlagen haben.

Mal Calcium und mal Magnesium: So bleiben Reinigungsbakterien fit

Wie Magnesium bei der Nährstoffversorgung und bei biologischen Speicherprozessen, so hilft Calcium das osmotische Gleichgewicht der Zellen aufrecht zu halten. Ob in der Nass- oder der Trockendosierung, bei optimaler Nutzung der jeweiligen Anlagentechnik für bewährte Kalkprodukte bleibt die fleißige Reinigungsbiologie aktiv und wird vor Übersäuerung geschützt.

Mit den Parametern: Säurekapazität, Basekapazität, pH-Wert, Calciumionenkonzentration, Magnesiumkonzentration, Wasserhärte und -temperatur schafft man gute Startvoraussetzungen, um die Abwasserreinigungsanlage fit und gesund zu halten.