Eine Nasenlänge voraus

Praxis der Klärschlamm-Nachbehandlung

Die Behandlung von Klärschlämmen mit Weißfeinkalk ist heute in der Abwasserbehandlung technischer Standard. Kalk hygienisiert und entwässert den Schlamm. Nach der Durchmischung findet in einer Langzeitreaktion die Carbonatisierung des noch freien Kalkhydrats mit dem Kohlendioxid der Luft statt. Der gestiegene pH-Wert kann allerdings bei hoher Reaktionstemperatur zur Bildung von Ammoniak und damit zu Geruchsbelästigungen führen, wenn nicht Vorkehrungen getroffen werden. Dazu gibt es praktische Hinweise über Austrag, Dosierung und Mischtechnik.

Der Standard der Anlagen- und Silotechnik

Das Verfahren der Klärschlammnachbehandlung mit Kalk zeichnet sich durch Einfachheit und Zuverlässigkeit aus, wenn die Anlage entsprechend eingestellt ist. Wie eine solche Musteranlage aufgebaut sein soll, zeigt das folgende Schema:

Vor dem eigentlichen Anlagenbetrieb muss natürlich darauf geachtet werden, dass der Weißfeinkalk den besonderen Anforderungen des Betriebs genügt. Die Anlieferung des Kalks erfolgt durch Behälterkraftfahrzeuge bis zu einem Gesamtgewicht von 38 t. Für dieses Gewicht müssen die Anfahrtswege ausgelegt sein. Mit dem fahrzeugeigenen Kompressor wird der Kalk in die Silos eingeblasen, die entsprechend zugerüstet sein sollen. Dabei sollte sich die Silogröße nach der LKW-Nutzlast richten, da halbvolle Fuhren stets ganz berechnet werden.

Fein dosierter Feinkalk

Der nächste Punkt betrifft den Austrag und die Dosierung. Hier werden in der Regel Zellradschleusen und Förderschnecken verwendet, die mit einer Dosiergenauigkeit von mindestens 10% arbeiten sollten. Die Schnecken müssen mit einer Nachlaufzeit betrieben werden könne, da bei längeren Stillstandszeiten das Austragsmaterial sich sonst festsetzen könnte.

Kein Mischmasch!

Einer der entscheidenden Momente in der Behandlung ist die richtige Durchmischung. Nur dann kann sich die chemische Reaktion an den Partikeln des Feinkalks nach der bekannten Formel optimal entfalten:

CaO + H2O → Ca (OH)2 + Energie (1177 kJ/kg CaO)

Unter dieser Reaktionsgleichung wird der Weißfeinkalk mit Wasser zu Kalkhydrat umgesetzt und verfestigt den Schlamm. Je nach Einstellung der Mischtechnik und daraus folgender Carbonatisierung der Kalkhydratreste wird der Schlamm pastös oder krümelig.
In der Praxis haben sich Doppelwellenmischer und Paddelmischer in Standardanlagen bewährt.

Jetzt kommt die Nase ins Spiel

Wie der Schlamm zwischengelagert wird, das hängt dann ebenfalls von der weiteren Verwendung ab. Hier aber beginnt unter dem Einfluss des hohen pH-Wertes und der Temperatur die "duftende" Wirkung von Brüden (Ammoniak). Das aber muss nicht sein, wenn das Mischgut in abgedeckten Containern gelagert wird. Ammoniak ist ein leicht flüchtiges Gas, das wasserlöslich und leichter als Luft ist. Nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz müssen die Geruchsbelästigungen, die von Kläranlagen in die Nachbarschaft dringen können, abgestellt werden - zu Recht!

Die technische Universität München hat Witterung aufgenommen.

Das Problem der Ammoniakfreisetzung hat der Lehrstuhl für Wassergütewirtschaft und Gesundheitsingenieurwesen in München genauer untersucht. So hat sich ergeben, dass Kalkdosierung, Mischung und Lagerung die Stärke der Geruchsbildung beeinflussen. Grundsätzlich sollten alle Aggregate und Fördereinrichtungen geschlossen betrieben werden. Aufgrund der Flüchtigkeit des Ammonikas reicht allerdings in den meisten Fällen eine ausreichende Entlüftung für die Betriebsräume über hochliegende Zugluft (Kippfenster) oder Dachableitung. Ein 6-facher Luftwechsel pro Stunde ist in den Betriebsräumen ausreichend. Bei stärkerer Ammoniakfreisetzung empfehlen die Wissenschaftler in München eine steuerbare Be- und Entlüftungsanlage bis hin zum Einbau einer Abluftreinigungsanlage. Das ist immer noch günstiger, als auf die positiven Eigenschaften des Feinkalks zu verzichten, da auch bei anderen Mischprodukten ähnliche geruchsbildende Reaktionen auftreten können. Folgende ökonomische Gleichung kann dabei aufgemacht werden.